Apis Mellifera (Westliche Honigbiene)


Die Biene wohnt in Grötzingen im öffentlichen Raum

Titelbild
Einem Bienenschwarm dabei zuzuschauen, wie er in sein zukünftiges Heim einzieht, ist ein zutiefst berührendes Erlebnis. Es gibt nur Weniges, was einen schneller aus dem Alltagsstress in eine völlig andere Welt eintauchen lässt. Das bewusste Wahrnehmen eines Bienenvolkes in einem Baumstamm stiftet Bewunderung und Achtsamkeit gegenüber der Natur, dem Leben. Diese Erfahrung durften ca. 50 Grötzingerinnen und Grötzinger am Christi Himmelfahrtstag machen, als ein tags zuvor gefangener Schwarm vor aller Augen über eine leinenbespannte Rampe in eine sogenannte Klotzbeute eingezogen ist.

Kein anderes Tier weltweit ist derart verantwortlich für die Existenz für uns Menschen.
80% unserer Nahrungsmittel einschließlich der Nachrung für unsere Schlachttiere hängen direkt oder indirekt von der Bestäubungsleistung der Bienen ab.

Von daher verständlich, daß nun einige engagierte Grötzinger einen ausgehöhlten Baumstamm neben dem GURS-Denkmal aufgestellt und mit einem jüngst eingefangenen Bienenschwarm besiedelt haben. Bereits in den Monaten zuvor wurden die Vorbereitungen für diese Aktion gestartet. Der Grötzinger Ortschaftsrat hat bereits im Februar beschlossen, Bienenwohnungen im öffentlichen Raum zuzulassen. Damit sind zunächst die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, Bienen zum Beispiel an einem Spazierweg anzusiedeln. Der Weg entlang der Pfinz ist ein beschaulicher Teil Grötzingens und lädt ohnehin schon zur Erholung ein. Hier paßt eine Bienenbaumstammbeute hervorragend dazu.
Das Karlsruher Forstamt hat für diese Aktion Buchenstammholz zur Verfügung gestellt, welches in schweißtreibender Kleinarbeit ausgehöhlt wurde. Das Volumen des Hohlraums faßt ca. 80-100 Liter, ausreichend groß für ein ausgewachsenes Bienenvolk. Der Baumstamm steht mit Stahlankern befestigt auf einem tonnensschweren Fundamentstein. Zur Pfinz hin öffnet sich dieser Baumstam mit einem Flugloch und ermöglicht den Bienen den Ein- und Ausflug. Bienen sammeln innerhalb eines 3-Kilometer-Radius Nektar und Pollen.

Rainer Romer, Heike Jung, Reiner Ewald, Lutz Jock und sind in Grötzingen die Ansprechpartner für das Bienenvolk in dieser Baumstammbeute.

Initiator dieses Vorhabens ist das Projekt BEETE&BIENEN.
BEETE&BIENEN entstand innerhalb eines Wettbewerbs, der vom Quartier Zukunft in der Oststadt ausgerufen wurde. „Quartier Zukunft – Labor Stadt“ heißt das Forschungs- und Entwicklungsprojekt des Instituts für Technikfolgen-Abschätzung ITAS am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Menschen und deren Zusammenleben in städtischen Räumen untersucht und beforscht. Das Projekt wird von Quartier Zukunft und der Karlsruher Bürgerstiftung unterstützt.

Normalerweise hält der Mensch die Bienen ja in sogenannten Magazinbeuten aus geschreinerten Kisten, aus denen sich der Honig gewinnen läßt. Nicht so bei der jetzt bewohnten Klotzbeute. Hier sind die Bienen nun ein attraktiver Bestandteil unseres öffentlichen Raumes geworden.
Warum nimmt es ein Hobbyimker wie Rainer Romer auf sich, sich um Bienen zu kümmern, die ihm keinen Honiggewinn geben? Der Hauptgrund für eine öffentlich stehende Bienenbehausung ist, auf die Not von Bienen und Wildbienen aufmerksam zu machen. Den Bienen geht es schlecht, und schuld daran sind wir Menschen mit unserer Art zu leben. Auf den Feldern bedrohen Pestizide zum Beispiel Glyphosat von Monsanto oder auch Neonikotinoide von Bayer die Diversität der Pflanzen und Insekten. In den privaten Vorgärten sieht es zum Teil noch schlimmer aus, denn hier machen wir Menschen mit den in Mode gekommenen Steingärten der natürlichen Diversität den Garaus. Außerdem gibt es leider immer noch Privatgärtner, die ihren Garten mit Giften bearbeiten, unwissend, daß sie sich, ihre Kinder und Enkel, hierdurch auch selbst mit Giftstoffen belasten.
Die Natur war von jeher der beste Lehrmeister für uns Menschen, und fast alle bahnbrechenden Ideen und Erfindungen haben sich die Menschen irgendwo in der Natur abgeschaut. Von den Wespen beispielsweise hatten vor 4000 Jahren die Ägypter gelernt, wie man aus Holzspänen Papier herstellen kann. Warum dann diesen Tieren nicht auch den Raum lassen, den sie zum Leben brauchen?
Wenn wir die Natur schützen, schützen wir unsere Lebensgrundlage, und diese Rechnung könnte aufgehen. An der Baumstammbienenhöhle treffen sich immer wieder Menschen und kommen miteinander ins Gespräch. Viele fragen sich: was kann ich in meinem eigenen Garten oder in meinem Balkon noch bienenfreundlicher gestalten? Welche Pflanzen sind insektenfreundlich? Für die Bienen ist entscheidend, das ganze Jahr über ein Für die Bienen ist entscheidend, das ganze Jahr über ein Trachtpflanzenangebot zu haben. Im April und Mai, wenn in Grötzingen das Obst blüht, haben Bienen keine Not. Im Juni, wenn die Brombeerenblüte durch ist, und nur noch die Sommerlinde blühen wird, sieht die Welt für die Bienen trostlos aus. Hier können zum Beispiel Mönchspfeffer, Blauraute oder Durchwachsene Silphie helfen, diese Trachtlücke zu füllen.